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Tundra: Feuer wirkt lange nach

Brände verändern die arktische Lebenswelt auf Jahrzehnte hinaus

Tundra: Feuer wirkt lange nach
Tundra
Die Tundra ist ein kostbarer Lebensraum – doch zunehmende Brände verändern sie immer mehr. (Foto: KT1972/ Fotolia)
Durch den Klimawandel kommt es in der arktischen Tundra immer häufiger zu großen Bränden. Welche Folgen dies für die Pflanzen- und Tierwelt hat, haben nun Ökologen näher untersucht. Es zeigt sich: Selbst Jahrzehnte später hat sich die Natur nicht von den Folgen der Feuer erholt.

Die arktische Tundra ist ein einzigartiger Lebensraum. Diese baumlosen, von Flechten, Moosen und Zwergsträuchern dominierten Landschaften existieren überall dort, wo das Klima zu kalt und rau für Bäume ist. Doch mit dem Klimawandel bahnt sich auch in den Tundren ein Wandel an: Der Permafrost taut immer früher und immer tiefer auf, gleichzeitig breiten sich Bäume und Wälder weiter nach Norden hin aus. Weil der Schneefall geringer wird und die Verdunstung steigt, trockenen zudem viele Feuchtgebiete und Moore in der Tundra aus, sogar die Vegetation beginnt im Sommern auszutrocknen.

Welche ökologischen Folgen haben die Tundrabrände?

Die Folge: Immer häufiger kommt es im Sommer zu heftigen, ausgedehnten Bränden in der arktischen Tundra. Bereits vor zehn Jahren gingen bei einem Großbrand in der kanadischen Arktis 1000 Quadratkilometer Tundra in Flammen auf – das Großfeuer war selbst aus dem All zu erkennen. Doch welche Konsequenzen haben solche Tundra-Brände für die dortige Vegetation, die Böden und für seltene Vogelarten?

Das haben nun zwei junge Ökologen von der Universität Münster untersucht. Ramona Heim verglich für ihre Studie Flächen, auf denen es vor elf und vor mehr als 30 Jahren zuletzt gebrannt hat. Wieland Heim untersuchte ein Geiet im russischen Muraviovka Park, in dem es im vergangenen Jahr gebrannt hatte. Entlang eines Probenrasters ermittelten die Forscher, wie sich die Artenvielfalt von Pflanzen und Vögeln in diesen Gebieten kurz- und langfristig verändert hatte. Beide Forscher stellen ihre Ergebnisse diese Woche auf der Konferenz „Ecology Across Borders“ im belgischen Gent vor.

Artenschwund bei Tundra-Vögeln

Die Ergebnisse: In dem Jahr nach einem Brand scheinen viele Pflanzenarten sogar von den Feuerfolgen zu profitieren: Der vom Feuer verursachte Kahlschlag eröffnet ihnen neue Nischen und die Asche stellt Nährstoffe bereit, wie Wieland Heim erklärt.

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Anders bei den Vögeln der Tundra: Vor allem Boden- und Schilfbrüter, die auf spezielle Mikrohabitate angewiesen sind, gehören zu den Verlierern nach einem Tundrabrand – ihre Artenvielfalt sank deutlich ab, wie Heim feststellte. „Weil die Feuer meist im Frühling zur Brutzeit ausbrechen und viele Vögel kein zweites Gelege produzieren, können die sich ausweitenden und häufiger werdenden Brände gravierende Folgen für die Fortpflanzung dieser Tiere haben“, berichtet der Wissenschaftler.

Die Weidenammer (Emberiza aureola) gehört dabei zu den besonders stark betroffenen Arten. Ursprünglich war diese Art im nördlichen Eurasien weit verbreitet, doch in den letzten Jahren brachen die Populationen um 90 Prozent ein. Zwar ist der Hauptgrund dafür die illegale Vogeljagd in China, aber die häufiger werdenden Brände in ihren Tundra-Brutgebieten setzen die Art zusätzlich unter Druck.

Flechtenmangel noch Jahrzehnte später

Doch wie schnell kann sich die Tundra von einem Brand erholten? Das zeigte sich auf den Untersuchungsflächen von Ramona Heim. Sie stellte fest: Auch Jahrzehnte nach den letzten Bränden bleiben deutliche Auswirkungen auf die Pflanzengemeinschaften sichtbar. Moose, Gräser und Zwergsträucher wachsen dabei teilweise sogar dichter als auf unverbrannten Vergleichsflächen. „Die dichte Strauchschicht war eine Überraschung. Normalerweise verhindern Brände die Entwicklung einer dichten Strauchschicht, doch diese Ergebnisse lassen vermuten dass Brände in der Tundra Sträucher eher fördern als hemmen könnten“, sagt Heim.

Dafür gibt es viel weniger Flechten. „Selbst mehr als 30 Jahre nach dem Feuer habe sich die Flechten noch nicht wieder erholt“, sagt Ramona Heim. Das Problem daran: Viele Bewohner der Tundra ernähren sich von Flechten, darunter vor allem die Rentiere. Je mehr Tundrenflächen im Sommer abbrennen, desto weniger Nahrung finden sie. Nach Ansicht der Forscher belegen diese Ergebnisse, dass die zunehmenden Brände in der Tundra deren Vegetationsstruktur und Tierwelt langanhaltend verändern können.

Hinzu kommt: Ein Brand in der Tundra kann einen regelrechten Teufelskreis auslösen. Denn das Feuer vernichtet die Pflanzendecke und hinterlässt dunklen, verbrannten Boden. Dieser absorbiert mehr Wärme aus dem Sonnenlicht und heizt sich stärker auf als mit Pflanzen bewachsener Untergrund. Als Folge trocknen diese Böden noch stärker aus, der Permafrost taut weiter auf und legt damit neues, potenziell brennbares Material frei.

Quelle: Gesellschaft für Ökologie (GfÖ)

© natur.de – Nadja Podbregar
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